Die 41. Jahrestagung des Arbeitskreises

für forensische Odontostomatologie (AKFOS)

 

fand am Samstag den 21.10.2017 im Klinikum der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz statt .


Tagungsbericht

Am 21.10.2017 fand im Klinikum der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz die 41. Jahrestagung des Arbeitskreises für Forensische Odonto-Stomatologie (AKFOS) statt, an dem Kriminalbeamten des Bundes und der Länder, Sanitätsoffiziere der Bundeswehr sowie Forensik-Experten aus Frankreich, Österreich, Norwegen und Deutschland teilnahmen. 

 

Nach der Begrüßung und Tagungseröffnung durch den 1. Vorsitzenden des AKFOS, Prof. Dr. Rüdiger Lessig, Halle/Saale, folgte ein Referat von Dr. Michael Brabant, Wolfsburg, zum Thema „Anästhesie und Zahnmedizin“. Eingangs erläuterte er die Grundlagen der Allgemeinanästhesie: Schlaf, Analgesie, Relaxation und Beatmung. Diese Narkoseform wird in der Regel von einer Fachärztin bzw. einem Facharzt für Anästhesie durchgeführt. Anschließend berichtete der Referent über den Einsatz von Lachgas in der Zahnmedizin: Diese würde von einer Zahnärztin oder einem Zahnarzt (plus Behandlungsteam) unter dem Einsatz einer Nasenmaske selbstständig durchgeführt. Sollte die Lachgaskonzentration 50 Prozent überschreiten, sei mit einer Senkung des Schluckreflexes zu rechnen. Das zahnärztliche Team würde in einem Kursus zu den Themen „Blutdruckmessung, Atemfrequenz-Überwachung, Pulsoxymetrie und Kinderreanimation“ geschult. In diesem Zusammenhang verwies Brabant auf die Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) „Der Einsatz von Lachgas bei Kindern“ sowie die Internetadresse www.sedierung.com.  

 

Der zweite Vortrag der diesjährigen AKFOS-Tagung wurde von Dr. Dr. Jean-Marc Hutt aus Strasbourg gehalten und beschäftigte sich mit einem Hubschrauberabsturz in Argentinien am 9.3.2015: Bei Dreharbeiten für eine Fernsehshow waren nahe Villa Castelli in der Provinz de la Rioja zwei Airbus-Hubschrauber vom Typ AS 350 zusammengestoßen: LQ-CGK und LQ-FJQ. Obwohl die beiden Hubschrauber von zwei sehr erfahrenen Piloten gesteuert wurden, kamen bei diesem Unglück alle Besatzungsmitglieder, französische Sportler, Kameramänner und Soundtechniker um’s Leben. Sämtliche Untersuchungen der französischen Unglücksopfer erfolgten im kriminaltechnischen Institut IRCGN in Rosny sur Bois in Frankreich. Neun Kriminalbeamten, einem Rechtsmediziner und drei forensischen Zahnärzten gelang im IRCGN die Identifizierung aller acht französischen Staatsbürger, davon 7x durch ante- und postmortale Zahnvergleichsuntersuchungen. Die beiden argentinischen Hubschrauberpiloten konnten im Medico Legal Institute von La Rioja in Argentinien ebenfalls erfolgreich identifiziert werden.  

 

Mit ihrem Vortrag „Wenn Zähne sprechen“ gab Frau Dr. Monika Bjelopavlovic, Mainz, einen vielbeachteten Vortrag mit Einblicken zum Aufgabenspektrum der Forensischen Odonto-Stomatologie an der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz: Anhand von Fallbeispielen widmete sie sich den klassischen Themen der forensischen OdontoStomatologie: Post-mortale Identifizierung, forensische Altersdiagnostik aus zahn

 

ärztlicher Sicht und die Begutachtung von Bissspuren. Die Zusammenarbeit von Zahnmedizin und Anthropologie wurde ebenfalls sehr informativ dargestellt.

 

Einen Bericht über den Norwegischen Rechtsodontologischen Verein gab Prof. Dr. Tore Solheim aus Oslo. Dabei verglich er diesen Verein mit dem Deutschen Arbeitskreis für Forensische Odonto-Stomatologie (AKFOS). Erste Erfahrungen in der dentalen Identifizierung sammelte der 1930 gegründete Verein mit seinem Mitglied  Ferdinand Strøm im Jahre 1938 als bei einem Feuer in einem Fotoatelier in Oslo 29 junge Personen starben. Eine weitere Herausforderung folgte nach dem Ende des zweiten Weltkriegs: Die dentale Identifizierung von 200 von Deutschen hingerichteten Norwegern, die in einem Massengrab in der Nähe von Trandum beigesetzt waren. Im Jahre 1964 wurde der Nordische Rechtsodontologische Verein gegründet: U.a. mit den Schwedischen Experten Gøsta Gustafson und Gunnar Johanson sowie den Dänischen Fachleuten PO Pedersen und Søren Keiser-Nielsen. Erst im Jahre 1976 wurde in Norwegen von staatlicher Seite eine Identifizierungskommission gegründet. Prof. Solheim ist seit 1971 Mitglied im Norwegischen Rechtsodontologischen Verein. Seit 1974 ist Solheim hauptverantwortlich für die dentale Identifizierung für den Bereich Oslo und Umgebung sowie für die forensische Ausbildung von Zahnärztinnen und Zahnärzten in Norwegen.

 

Aufgrund seiner jahrelangen guten und intensiven Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis für Forensische Odonto-Stomatologie wurde Tore Solheim -im Anschluss an seinen Vortrag- vom AKFOS-Vorstand zum Ehrenmitglied des AKFOS ernannt.

 

Im Mittelpunkt des diesjährigen Vortrags der Identifizierungskommission (IDKO) des Bundeskriminalamtes (BKA) stand das Reisebus-Unglück auf der Autobahn A9 in der Nähe von Hof/Franken: am 03.07.2017 waren dort 30 Schwerstverletzte und 18 Brandopfer zu beklagen. Kriminaloberkommissar Thorsten Seppel, Wiesbaden, führte aus, dass alle Toten identifiziert werden konnten: In nur 2 Fällen anhand von Fingerabdrücken. Die übrigen Toten konnten -trotz des aufgrund der Hitzeeinwirkung abgeplatzten Zahnschmelzes- zahnärztlich sowie durch DNA-Vergleichs-untersuchungen identifiziert werden.    

 

Im zweiten Teil der AKFOS-Jahrestagung beschäftigte sich Oberfeldarzt Dr. Martin Ulbrich aus Husum mit der Fragestellung wie genau der zahnärztliche Befund sein muss, um erfolgreich identifizieren zu können. Einleitend beschrieb er die menschliche und moralische Verpflichtung unbekannte Tote zu identifizieren. Dies sei auf Grund der Härte und Widerstandsfähigkeit der Zähne in der Regel gut möglich. Die gute Dokumentation der zu Lebzeiten durchgeführten Behandlungen sowie die dabei erstellten Röntgenbilder würden maßgeblich zum schnellen und sehr genauen Erfolg beitragen. Dies träfe natürlich nicht für zahnlose Mitmenschen oder für naturgesunde Gebisse zu. Im Speziellen ging er auf die Erfassung der Befunde einzelner Zahnflächen ein. 

 

Oberstarzt Christoph Hemme, München, stellte in seinem Vortrag die Standards in der forensischen Odonto-Stomatologie vor: Was bedeutet „Goldstandard“ und was „NATO-Standard“. Trotz verschiedener Norm-Systeme (ISO, EN, DIN usw.) sei eine einheitliche Basis zur Vergleichbarkeit erforderlich. Die „alte“ STANAG 2464 sei durch die „neue“ ISO/CD 20888 abgelöst worden.

 

Im Anschluss an den Bericht zur Sitzung der Interpol DVI Working Group in Singapore von Herrn Prof. Dr. Rüdiger Lessig berichtete Frau Zahnärztin Bettina Eickhoff aus Köln über die Identifizierung der 12 Todesopfer des terroristischen Anschlags am Berliner Breitscheidplatz vom 19.12.2016. Neben den üblichen Identifizierungsprozessen sei bei diesem Einsatz erstmals bei allen Opfern eine Computertomographie des gesamten Körpers durchgeführt worden. 

 

Zum Abschluss des wissenschaftlichen Programms sprach Frau Zahnärztin Liyang Sheng, Heidelberg, über ihre zahnärztliche Tätigkeit in Kambodscha. Mit eindrucksvollem Bildmaterial konnte sie sowohl die Diskrepanz zwischen arm und reich einschließlich der unterschiedlichen zahnärztlichen Versorgungsformen demonstrieren. Sie beklagte den hohen Zuckerkonsum der Bevölkerung, der zu zahlreichen Zahnschäden führen würde. Mehr als 50 Prozent der Bevölkerung sei unter 25 Jahre alt. Armut, Korruption, HIV sowie fragwürdige hygienische Bedingungen seien die Hauptprobleme des Landes.

 

Bei der anschließenden Mitgliederversammlung berichtete Herr Prof. Dr. Lessig über nationale und internationale Fortbildungen, an denen er im vergangenen Jahr teilgenommen hatte. Gleichzeitig lud er zur 42. AKFOS-Jahrestagung am 15.09.2018 nach Halle/Saale ein: diese Tagung findet gemeinsam mit der 97. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Rechtsmedizin (DGRM) statt. U.a. lud Lessig zum Eröffnungsabend in die Leopoldina ein sowie zum Ausflug nach Naumburg mit Besichtigung des historischen Doms und anschließendem Festabend in der Rotkäppchen-Sektkellerei in Freiburg.

 

Den diesjährigen Abschluss bildeten einige Hinweise des AKFOS-Sekretärs Dr. Dr. Claus Grundmann aus Moers: Auch im Jahre 2018 sei -wie in den letzten Jahren- wieder eine Fortbildung zur Identifizierung von unbekannten Toten -gemeinsam von BKA und AKFOS ausgerichtet- fest eingeplant. Die Anmeldung zur 42. AKFOS Jahrestagung in Halle/Saale am 15.09.2018 würde diesmal über die Deutsche Gesellschaft für Rechtsmedizin (DGRM) erfolgen. Dort müssten auch die Vortragsthemen bis zum 15.04.2018 eingereicht werden. Im Übrigen seien -gemäß AKFOS-Satzung- bei der Mitgliederversammlung im Jahre 2018 Vorstandswahlen durchzuführen. Geeignete Kandidatinnen und Kandidaten mögen dem AKFOS-Vorstand vorgeschlagen werden. Laut Vorstandsbeschluss wird der AKFOS-Newsletter zukünftig nur zwei- statt dreimal jährlich erscheinen.      

 

Kontaktadresse:  Dr. med. Dr. med. dent.  Claus Grundmann   
                          - AKFOS-Sekretär- 
                          Arnikaweg 15, 47445 Moers 
E-Mail:                clausgrundmann@hotmail.com

 

 

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