Renaissance (14. - 16. Jh.)
DIE ENTWICKLUNG DER FORENSISCHEN ZAHNMEDIZIN UND DER FORENSISCHEN MEDIZIN
Ein Rückblick von Klaus Rötzscher, Speyer.
Bohne verlegt auf Grund umfassender Studien über das italienische Statutarrecht des 13.-16.Jh. die ersten Anfänge einer systematisch ausgebauten gerichtlichen Medizin in die großen Handels- und Verkehrszentren Oberitaliens. Das italienische Statutarrecht und die deutsch-rechtlichen Aufzeichnungen gehören der gleichen Zeitepoche an. Johann v. Schwarzenberg´s Bambergensis (1507) und das erste deutsche Strafrecht, die Carolina (1532) bilden die geniale Verschmelzung beider Rechtsquellen. Stadtärzte gab es in Freiburg i. Br. Seit 1403, sie wurden mit dem Unterricht der gerichtlichen Medizin beauftragt.
In das Jahr 1544 fällt das erste bekannte und wertvolle Dokument der Gerichtsmedizin Perus. Es ist die Urkunde über die Exhumierung des Entdeckers von Peru, Francisco Pizzaro. Ihr Hauptwerk war diem endgültige Identifikation der Leiche. Philipp II. schuf 1570 das „Tribunal del Protomedicato“ (Gericht der Oberärzteschaft), welches oft von den Behörden in zivil- und strafrechtlichen Fragen zu Rate gezogen wurde.
Im 14.Jh. blieben die Mund- und Kiefererkrankungen bei der Chirurgie, während das Zahnziehen den Zahnbrechern (dentatores) sowie den Scherern und Badern anheimfiel. Letztere waren keineswegs ärztlich ganz ungebildet und der Ausdruck „Zahnbrecher“ ist nicht verächtlich aufzufassen. Guy de Choliac (gest. 1370), der als der erste klassische Schriftsteller der französischen Chirurgie bezeichnet wird, erwähnt in seiner 1365 erschienenen «Großen Chirurgie» den Ausdruck «dentista» sicher als Berufsbezeichnung, weil diese Art von Leuten allmählich die Zahnbehandlung übernehmen.
Alles, was von Bedeutung über Zahnheilkunde geschrieben stand, war nur in den lateinisch abgefassten Werken der Chirurgen zu finden. Das jedoch konnten die Bader nicht lesen. Aberglaube, Alchimie und Astrologie beherrschten die Gemüter der meisten der damaligen dentatores, aber auch der Ärzte. Es wäre ein Fehler, wollte man die Bedeutung der Klöster für das Gedeihen der Medizin übersehen. Papst Honorius III. (1216 – 1227) hatte allen Geistlichen die Ausübung der Heilkunde verboten. Infolge der Umwandlung der scholastischen Lehrweisen wurde auch die Landessprache beim Unterricht benutzt. Paracelsus hatte den Anfang gemacht, und am Ende des 15.Jh. erschienen medizinische Schriften in nicht-lateinischer Sprache. Da aber die Zahnheilkunde noch Bestandteil der Chirurgie war, sind selbständige Abhandlungen über dieses Gebiet sehr selten.