Entwicklung der Forensischen Zahnheilkunde

DIE ENTWICKLUNG DER FORENSISCHEN ZAHNMEDIZIN UND DER FORENSISCHEN MEDIZIN
Ein Rückblick von Klaus Rötzscher †, Speyer.

1862 bietet Paul Pfeffermann, der sich als Doktor der Medizin und Chirurgie, Magister der Augen- und Zahnheilkunde bezeichnet, Mitglied der Wiener Medizinischen Fakultät und mehrerer gelehrter Gesellschaften, praktischer Zahnarzt in Wien, erstmalig in der Literatur im seiner „Fasslichen Darstellung der gesammten Zahnheilkunde“ ein kurzgefasstes Kapitel „Gerichtliche Zahnheilkunde“. Das Kapitel enthält 12 Seiten. In den vier angeführten gerichtlich-zahnärztlichen Gutachten ist die Rede von einer syphilitischen Ansteckung, einer Verletzung der Zähne bei einem Raufhandel, bei schwerer Verletzung des Gesichtes durch Schläge mit einem Holzscheit und schließlich ein Gutachten über die Bedeutung und Heilbarkeit des Mundgeruches.

Oscar Amoedo (1863–1945), Professor an der „École Odontotechnique“ in Paris, blieb es vorbehalten, die in der Literatur in ziemlicher Auswahl vorhandenen Einzelarbeiten zu sichten und in einem systematischen Werk erstmalig zu vereinigen. Er ist der Begründer der Forensischen Zahnheilkunde, schreibt Keiser-Nielsen 1963. 1897 erscheint sein Buch „L´art dentaire en Médecine Legale“, das bereits 1900 aus dem Französischen übersetzt unter Berücksichtigung der deutschen gerichtlichen Verhältnisse von Gottlieb PORT, Privatdozent für Zahnheilkunde an der Universität München, bei Arthur Felix, Leipzig, verlegt wurde. Im Vorwort schreibt der Übersetzer: Ein Lehrbuch der gerichtlichen Zahnheilkunde fehlte bisher. Das Buch trägt den Namen „Die Zahnheilkunde in der gerichtlichen Medizin“. Im 15. Abschnitt wird über den Brand des Wohltätigkeitsbasar in Paris am 4. Mai 1897 berichtet, über die Agnostizierung der Leiche von Louis XVII., Napoleon I., Napoleon IV.  und des Mörders Lincolns.

1921 erscheint im Marhold Verlag, Halle/Saale, das „Handbuch der zahnärztlichen Rechtskunde mit Berücksichtigung der gerichtlichen und sozialen Zahntechnik“ von L. MEIER.

J. MISCH veröffentlicht in der Zeitschrift „Fortschritte der Zahnheilkunde“, Band I bis IX (1925 – 1933) in einer gesonderten Unterabteilung regelmäßig über Zivilrechtsfragen  in der zahnärztlichen Praxis, öffentliche Rechtsfragen und forensische Zahnheilkunde.

Paltauf A. (1927) schreibt in Scheff´s Handbuch der Zahnheilkunde über den Zahn in forensischer Hinsicht.

1956 verlegt J. A. Barth, München, die „Forensische Zahnheilkunde“ von G. BOHNE, Direktor des kriminalwissenschaftlichen Institutes der Universität Köln, H. EULER, em. Professor der gleichen Universität und R. VENTER, Geschäftsführer im Bundesverband der deutschen Zahnärzte e.V., Köln. Das Buch ist in drei Abschnitte gegliedert:

1. Zahnarzt, Zahnarzt und Patient (VENTER),
2. Der zahnärztliche Kunstfehler
a) in tatsächlicher Hinsicht (EULER)
b) in rechtlicher Hinsicht (BOHNE) und
3. Zahnheilkunde und Kriminalistik (EULER)

1963 veröffentlicht W. PILZ „Rechtsfragen und forensische Probleme der zahnärztlichen  Praxis“ im J. A. Barth Verlag Leipzig.

1966 erscheint das Buch „Forensic Odontology“ von Gösta GUSTAFSON, Malmö, im Staples Press Verlag London.

Die Literatur der forensischen Zahnheilkunde ist sehr umfangreich geworden in Einzelarbeiten und Abschnitten in Lehrbüchern sowohl der Zahnheilkunde als auch der Gerichtsmedizin. Der Begriff findet sich in der Literatur unter folgenden Bezeichnungen:

Forensic odontology sive

Forensic dentistry angelsächsisch

Odontologie légale französisch

Odontologia forense sive

Odontoiatria legale italienisch

Odontologia legal spanisch

Retsodontologi dänisch

In Skandinavien hat sich die gerichtliche Zahnheilkunde zu einem vollkommen selbständigen Zweig entwickelt. An allen neun zahnärztlichen Hochschulen (Kopenhagen, Arhus, Helsinki, Turku, Oslo, Bergen, Stockholm, Malmö und Umea) im neunten Semester gelesen. Die skandinavischern forensisch tätigen Zahnärzte haben seit 1961 eine eigene Gesellschaft, die „Scandinavian Society of Forensic Odontology“. Seit 1961 erscheint das Mitteilungsblatt dieser Gesellschaft, der „Newsletter“.

In Deutschland wurde im Oktober 1976 der „Arbeitskreis für Forensische Odonto-Stomatologie“ (AKFOS) in Stuttgart gegründet und seit 1994 erscheint ebenfalls ein Newsletter.

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