32. Jahrestagung des Arbeitskreises für Forensische Odonto-Stomatologie (AKFOS) in der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz am 11.10.2008
Ein Bericht von Dr. Dr. Claus Grundmann, Duisburg
Die diesjährige Jahrestagung des Arbeitskreises für Forensische Odonto-Stomatologie fand am 11.10.2008 im Großen Hörsaal der Inneren Medizin der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz statt und wurde wieder von Experten aus Frankreich, Österreich, der Schweiz und aus Deutschland sowie von Mitarbeitern des Bundeskriminalamtes und Sanitätsoffizieren der Bundeswehr besucht.
Nach der Eröffnung durch den 1. Vorsitzenden, Dr. Dr. Klaus Rötzscher, Speyer, zeichnete dieser gemeinsam mit dem Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK), Dr. Karl-Rudolf Stratmann, Köln, vier verdiente Persönlichkeiten der forensischen Zahnmedizin mit dem Gösta-Gustafson-Award 2008 aus:
Univ.-Prof. Dr. Dr. Werner Hahn (bei der Verleihung nicht anwesend – die Urkunde wurde ihm auf dem Postweg zugestellt), ehemaliger Direktor der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der Christian-Albrechts-Universität Kiel, gründete - als Vorstandsmitglied der DGZMK - 1976 den Arbeitskreis für Forensische Odonto-Stomatologie (AKFOS) und war mehr als 20 Jahre lang sein 1. Vorsitzender. In dieser Zeit hatte er maßgeblichen Anteil an den Erfolgen und dem Ansehen des Arbeitskreises. Nicht unerwähnt bleiben sollte, dass Prof. Hahn seit Jahrzehnten die Weiterbildung zum “Fachzahnarzt für Forensische Odonto-Stomatologie” fordert, leider bis zum heutigen Tage ohne nachweisbaren Erfolg.
Univ.-Prof. Dr. Dr. Rolf Endris, ebenfalls Gründungsmitglied von AKFOS, lehrte während seiner aktiven Zeit als Hochschullehrer am Mainzer Institut für Rechtsmedizin. Als Rechts- und Zahnmediziner war er Mitglied der Identifizierungskommission des Bundeskriminalamtes und hat bei 19 Katastropheneinsätzen im In- und Ausland zur Identifizierung von mehr als 1000 Opfern beigetragen. Die von ihm verfassten 3 Lehrbücher: Forensische Odonto-Stomatologie, Forensische Katastrophenmedizin und Bissspuren-Analyse gehören zu den Standardwerken der Forensischen Zahnmedizin im deutschsprachigen Raum.
Univ.-Prof. Dr. Franz Schübel, ehemaliger Direktor der Klinik für Zahnerhaltung der Westdeutschen Kieferklinik der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit Identifizierungen von Leichen und Bissspuren-Analysen. Schwerpunkt seiner forensischen Tätigkeit war neben der Identifizierung von niedersächsischen Moorleichen die Lösung von forensisch-kriminalistischen Fragestellungen im Bereich der Schnittstellen von Zahn- und Rechtsmedizin.
Univ.-Prof. Dr. Dr. Rolf Singer, ehemaliger Direktor der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie des Klinikums Ludwigshafen, hat als Mitglied von AKFOS durch Vorträge zu medizinisch-juristischen Fragestellungen, insbesondere auf den Gebieten der Patientenaufklärung, der Arzthaftung, der Einordnung von (implantologischen) Behandlungsfehlern usw. zum bundesweiten Ansehen des Arbeitskreises beigetragen. Seine langjährige Erfahrung als gerichtlicher Sachverständiger, insbesondere auf dem Gebiet der operativen Zahn- und Kieferheilkunde, spiegelte sich in seinen Vorträgen im Rahmen der AKFOS-Jahrestagungen wieder.
Das wissenschaftliche Tagungsprogramm der diesjährigen Jahrestagung wurde fortgesetzt mit einem Vortrag von Dr. Dr. Xavier Riaud, St. Herblain, Frankreich, zur kontroversen Identifizierung von zwei Verschwörern, die des Todes von Abraham Lincoln beschuldigt werden.
Ebenfalls aus Frankreich angereist referierte Dr. Jean-Marc Hutt, Strasbourg, über eine neue Methode der forensischen Altersschätzung mit Hilfe eines Wurzel-Farbrings nach COLLET. Die Wurzelfarbe eines Zahns, unterteilt in Helligkeit, Farbton und Sättigung, soll zusätzliche Informationen zum Lebensalter des Probanden geben.
Das Nachmittagsprogramm der AKFOS-Tagung wurde durch ein Referat von Herrn Reiner Napierala, Direktor der Fachhochschule für Rechtspflege NRW, Bad Münstereifel, zur Sachverständigentätigkeit eines (Zahn-) Arztes im Zivilgerichts-verfahren eröffnet. Dabei ging er ausführlich auf gängige Rechtsbegriffe wie Dienst- und Werkvertrag, Heilbehandlung, Beweislast usw. ein. Er erläuterte die Bedeutung und die Aufgaben des Sachverständigen und verdeutlichte, dass der Sachverständige eine maßgebliche Schlüsselfigur eines Prozesses ist. Das vorgelegte Sachverständigengutachten sollte stets vollständig und frei von Widersprüchen sein, so dass eine mündliche Anhörung des Sachverständigen in der Hauptverhandlung oftmals entbehrlich wird.
Priv.-Doz. Dr. Rüdiger Lessig, Leipzig, berichtete über neue wissenschaftliche Erkenntnisse in der DNA-Analytik, die für Identifizierungszwecke von Bedeutung sind. Die Weiterentwicklung auf diesem Gebiet der letzten Jahre hat dazu geführt, dass nicht nur neue, in der Forensik einsetzbare, Short Tandem Repeats validiert wurden, sondern auch Marker, die bisher in der molekularen Anthropologie genutzt worden sind. Diese Single Nucleotid Polymorphismen bieten die Möglichkeit eine Abstammung aus einer bestimmten Population festzustellen. Dies kann im Identifizierungsfall wertvolle Hinweise geben.
Anhand von Filmausschnitten wurde den TeilnehmerInnen anschließend die Mitwirkung von AKFOS-Mitgliedern an der bekannten VOX-Fernsehserie “Medical Detectives” gezeigt: Folge 2 (Grundmann) und Folge 96 (Rötzscher) demonstrierten u.a. die forensische Einordnung von Bissspuren bei der Verbrechensaufklärung.
Als letzter Tagesordnungspunkt folgte die Mitgliederversammlung, diesmal mit der alle zwei Jahre stattfindenden Vorstandswahl, bei der die bisherigen AKFOS-Vorstandsmitglieder in ihren Ämtern einstimmig bestätigt wurden: Dr. Dr. Klaus Rötzscher (1. Vorsitzender), Univ.-Prof. Dr. Dr. Ludger Figgener (2. Vorsitzender), Priv.-Doz. Dr. Rüdiger Lessig (Sekretär), Dr. Dr. Claus Grundmann (Schriftführer) und Dr. Hans-Peter Kirsch (Redaktionsmitglied).
Dr. Dr. Grundmann und Priv.-Doz. Dr. Lessig informierten anschließend über die Inhalte des für das Jahr 2009 geplanten Curriculums “Forensische Zahnmedizin”, das von AKFOS gemeinsam mit der Identifizierungskommission des BKA in Leipzig und Wiesbaden ausgerichtet wird. Außerdem konnte aufgrund der aktuellen Ereignisse mit dem Flugzeugabsturz in Lukla/Nepal festgestellt werden, dass die geschaffene Struktur zur Erfassung von KollegInnen, die für derartige Einsätze zur Verfügung stehen, erfolgreich eingesetzt werden konnte. Bereits 6 Stunden nach dem Ereignis war es möglich dem BKA eine Liste von ZahnärztInnen zu übermitteln.
Die 33. Jahrestagung des Arbeitskreises für Forensische Odonto-Stomatologie findet am 10.10.2009 in der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz statt.
Anschrift des Verfassers: Dr. med. Dr. med. dent. Claus Grundmann, Viktoriastr. 8, 47166 Duisburg, eMail: clausgrundmann(at)hotmail.com
Den Bericht der AKFOS Jahrestagung können Sie hier als PDF-Datei herunterladen:
(243 KB) Bericht der Jahrestagung 2008